Geschichte

Aus der Geschichte des Falkencamps Döbriach

Das Falkencamp Döbriach ist ein ganz besonderer Ort für die Kinderfreunde und Falkenbewegung. Das hört man immer wieder, wenn man mit Mitgliedern oder Funktionär:innen spricht. Aber auch ehemalige Teilnehmer:innen kommen noch im hohen Alter ins Schwärmen, wenn sie von ihren Zeltlagern in Döbriach berichten. Aber warum ist das so? Um die Bedeutung dieses Lagerplatzes für die Organisation zu verstehen, muss man ein wenig in die Geschichte eintauchen. Denn das Falkencamp Döbriach steht wie kaum eine andere Einrichtung für das Wiedererwachen der Bewegung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Verbot der Kinderfreunde und Falken während des Faschismus.

Wie alles begann – am Anfang stand ein Telegramm

Im Jahre 1949 waren die Roten Falken organisatorisch wieder soweit hergestellt, dass der Bundesfalke Felix Mistelberger wieder an die Durchführung großer bundesweiter Veranstaltungen in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit legte. Nach den erfolgreichen Bundesskimeisterschaften in Mürzzuschlag sollte ein großes Sommerlager den Höhepunkt dieses Jahres bilden. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz dafür fragte man auch bei Kinderfreunde Funktionär:innen in den Bundesländern an. Die Radentheiner Kinderfreundin Alma Pichler schickte nach Wien ein Telegramm, indem sie den Falken einen Platz am Millstättersee als Lagerplatz vorschlug. Felix Mistelberger reiste daraufhin nach Kärnten um sich vor Ort ein Bild zu machen. Zwar erwies sich der von Pichler vorgeschlagene Platz als ungeeignet, Mistelberger fand jedoch in Döbriach eine Alternative. Das riesige Campgelände setzte sich aus mehreren Parzellen mit unterschiedlichen Grundbesitzer:innen zusammen. Es dauerte bis zum 2. Juni 1949 bis Mistelberger mit ihnen allen ein Übereinkommen getroffen hatte und die Lagervorbereitungen beginnen konnten. Ein Arbeitstrupp mit über 100 Falk:innen haben Unglaubliches geleistet:  es wurden Brunnen geschlagen, ca. 200 Bäume für Brenn- und Bauholz gefällt und eine Küchenbaracke errichtet. Bereits sechs Wochen später, am 17. Juli 1949 fand das erste bundesweite Falkenlager nach dem 2. Weltkrieg statt. Bezeichnenderweise wählten die Falken „Frohe Zukunft“ als Camp Motto.  2200 Falk:innen aus ganz Österreich nahmen an diesem Lager teil und manifestieren die „Wiedergeburt“ der Bewegung. Man kann getrost sagen: diesen Lagerplatz haben sich die Falken selbst geschaffen.

Es war keineswegs von Anfang an klar, dass aus dem Sommerlager 1949 eine dauerhafte Einrichtung in Döbriach wird. Vielmehr sollte es eine „Generalprobe“ für das 25jährige Jubiläum im Jahre 1950 werden. Über 3250 Kinder aus 11 verschiedenen Ländern reisten nach Döbriach um am Jubiläumscamp 1950 teilzunehmen. Die Anreise erfolgte damals noch per Bahn bis zum Bahnhof Paternion, dann ging es zu Fuß über die Glanz nach Döbriach.

Telegramm von Alma Pichler aus 1949

Gekommen um zu bleiben

Spätestens nach 1950 wurde klar: die Falken sind nach Döbriach gekommen, um zu bleiben. Die Kinderfreunde versuchten von nun an, die losen Übereinkünften mit den Grundbesitzer:innen zu  Pachtverträgen umzugestalten oder die Grundstücke zu kaufen. Damals war man aus Sicht der Kinderfreunde vielleicht zu zurückhaltend, der Grund war günstig und die meisten Grundbesitzer:innen auch willig zu verkaufen. Allerdings, so eine gern erzählte Anekdote, wollte man nicht mehr Land erwerben, als „10 Männer mit der Sense an einen Vormittag bequem mähen können“.

In den folgenden 1950er und 1960er Jahren wurde das Camp stets als Teil der Ferienaktion genutzt. Nicht nur Falkengruppen verbrachten dort einen schönen Sommer, sondern auch viele Kinderfreunde Gruppen oder andere Organisationen der bündischen Jugend. Natürlich war auch die Gewerkschaftsjugend oft vor Ort.

Die Mure – wovon Zeitzeug:innen bis heute ehrfürchtig berichten

1966 erlebte das Falkencamp wohl eine seiner finstersten Stunden, als mitten im Sommer bei voller Belegung eine Mure bis ins Campgelände abging und auch der Rest des Lagerplatzes durch Starkregen brusthoch unter Wasser stand.

Touristen und Einheimische halfen mit ihren privaten PKWs, LKWs oder Traktorfuhrwerken die Kinder nach Radenthein zu evakuieren. Es gab keine Verletzten oder gar Todesfälle zu beklagen.

Heute unvorstellbar: das Lager wurde nicht abgebrochen, sondern der Platz dann gemeinsam mit den Teilnehmer:innen wieder instand gesetzt. „Nur“ 450 kleinere Kinder blieben im Radentheiner Asyl und konnten erst nach einigen Tagen wieder zurückgeholt werden. Die Evakuierung, gemeinsam mit den Einheimischen und Touristen, die ja auch selbst alle von dem Unwetter betroffen waren, blieb allen die dabei waren als gelebte Solidarität in Erinnerung und der gemeinsame Wiederaufbau noch im Sommer war sicherlich ein weiterer fester Knoten im Netzt der Verbundenheit der Falken mit dem Lagerplatz.

Pädagogisches Vorzeigeprojekt

In den 1970er Jahren rückten einerseits der Ausbau der Infrastruktur und anderseits die pädagogische Arbeit in den Mittelpunkt der Aktivitäten. Döbriach wurde zum pädagogischen Zentrum und Versuchsfeld der Falken. Hier konnten Planspiele, Kampagnen, Lagerbauten und vieles mehr ausprobiert werden und die Kinder- und Jugendgruppen hatten hier den Freiraum und den Platz, diese und andere Dinge auch umzusetzen. Das pädagogische Team des Falkencamps erstellte für alle Teilnehmer:innen zentrale Programmpunkte und sorgte so für viele Impulse in der Kindergruppenarbeit.

Neue Zielgruppen

In den späten 1990er und den 0er Jahren dieses Jahrtausends rückten auch die Mitgliederfamilien verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Eigene Familienturni wurden angeboten, die Teilnehmer:innen setzten sich zunächst zum Großteil aus ehemaligen Falkenfunktionär:innen und Teilnehmer:inenn an den Falkenkursen zusammen. Viele Eltern wollten auch ihren Kindern zeigen, wo sie sich kennen gelernt hatten…

Von 2004 bis 2008 war das Camp geschlossen, die Zukunft schien ungewiss. Es gab durchaus seriöse Pläne, das Campgelände zu verkaufen und stattdessen einen anderen Platz zu schaffen. Doch die Kinderfreunde und Falkenbasis hat um „ihr“ Falkencamp gekämpft und so erfolgte im Sommer 2008 die provisorische Wiedereröffnung, wieder waren unzählige Freiwillige im Einsatz, das Campgelände fit für das neue Jahrtausend zu machen. 2010 erfolgte dann die unbefristete Betriebsgenehmigung, welche mit einem IFM Camp gefeiert wurde.

Mit dem Ausbau der festen Unterkünfte und weiterer Angebote hat hier in den letzten Jahren ein weiterer Professionalisierungsschub stattgefunden. Das Angebot der Familienturni wurde ausgebaut und durch eine pädagogische Betreuung durch die Kinderfreunde auch für organisationsfremde oder neue Familien interessant.

Aber auch den ursprünglichen Auftrag erfüllt das Falkencamp Döbriach nach wie vor mit voller Begeisterung, wie auch die jährlich stattfinden Sommerlager der Roten Falken Österreich beweisen. Auch die IFM-SEI, unser internationaler Verband, kommt regelmäßig nach Döbriach, ebenso wie Falkengruppen aus anderen Ländern.

Heute wie damals sorgen neben den hauptamtlichen Mitarbeiter:innen viele ehrenamtliche Helfer:innen dafür, dass das Falkencamp ein ganz besonderer Platz ist und bleibt. Werde auch du ein Teil dieser Geschichte.